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Ja oder ja bzw. Nein oder nein?

               Sagt man in einem Text ja oder Ja? Klar ist es nicht, weil in einzelnen Konstellationen die grammatische Regel dazu fehlt. Das gilt auch für Nein oder nein. Sogar der Duden ist überfordert und kann keine klare Antwort geben: Es fehle die engere grammatische Umgebung dazu, um die Frage eindeutig zu beantworten. Klar ist es, wenn ein Artikel davorgestellt werden kann. Beispielsweise: Ich bin für ein klares Nein. Oder: Ich traue diesem Ja nicht. In anderen Sätzen hat man die freie Wahl, was die Gross- und Kleinschreibung angeht. Beispielsweise: Ich sage Ja/ja zu diesem Entscheid, aber Nein/nein zum Gegenvorschlag. Der Duden empfiehlt in solchen Fällen allerdings die Grossschreibung.   Diesen Newsletter kann man abonnieren (monatlich).
Letzte Posts

Der Esel oder die Eselin geht immer mutig voran

                In meinen Kursen stelle ich öfters fest, wie unsinnige Pseudoregeln, die man anscheinend irgendwann in der Ausbildung mal mitbekommen hat, das Schreiben unnötig einschränken.   Früher galt die Regel: Der erste Satz eines Briefes muss freundlich sein. Heute gilt: Kein Mensch hat Zeit für Höflichkeitsfloskeln. Niemand will lesen, wie konstruktiv die Sitzung war, wie freundlich das Telefongespräch oder wie sehr man es schätzt, die Offerte zuzustellen. Also ohne zeitfressende Floskeln und Herumscharwenzeln zur Sache kommen – nach dem ersten Satz muss die Leserin, der Leser wissen, worum es geht. Und ausserdem: So wie man sich verabschiedet, bleibt man in Erinnerung. Aber bitte nicht mit diesem lahmen «Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung»! «Ich habe früher mal gelernt, dass man Sätze in Briefen nicht mit ‹Ich› anfangen soll. Ist das heute noch so?», werde ich oft gefragt. Das ist natürlich Nonsens. Wenn ich es mache, wie anders soll ich e

Schluss mit zeitfressenden Einstiegssätzen

  Jaja, man will freundlich sein und startet deshalb das E-Mail mit dem verhängnisvollen Satz: «Bezugnehmend auf unser soeben geführtes freundliches Telefongespräch sende ich Ihnen …» Dabei kann doch davon ausgegangen werden, dass der Empfänger, die Empfängerin selbst in der Lage ist, sich fünf Minuten zurückzuerinnern. Oder: «Danke für Ihr Interesse an unseren Produkten.» Hätte er oder sie eine Offerte verlangt, hätten sie kein Interesse? Also reine Zeitverschwendung. Starten Sie das Mail besser gleich mit der Hauptbotschaft, und ersparen Sie Ihren Kunden schleimige Einstiegsfloskeln. Solche erhalten sie von anderen Absendern noch oft genug. Das geht dann so (gleich nach der Anrede): «Für die Offerte haben wir zwei Varianten berechnet – ich bin gespannt auf Ihre Meinung!» Oder: «Bitte senden Sie uns ein Exemplar des Vertrags bis am 25. Februar 2024 zurück.» Bedanken können Sie sich am Schluss des Mails immer noch – oder dem Empfänger, der Empfängerin einen guten Wochenstart wünschen.

Die Sache mit dem Vertrauen

  Ein Autokauf ist Vertrauenssache. Matratzenkauf auch. Bettfedern reinigen sowieso. Versicherungen sind natürlich auch Vertrauenssache. Und selbst ein Diamantenkauf ist Vertrauenssache, weil schliesslich ein Diamant nicht gleich ein Diamant ist. Jetzt mal ganz ehrlich, Sie als potenzieller Käufer, potenzielle Käuferin: Berücksichtigen Sie ein Geschäft, einen Lieferanten, nur weil auf der Website steht, dass der Kauf Vertrauenssache sei? Eben. Blablabla. Mag ja sein, dass die Verfassenden dieser Vertrauenssätze tatsächlich davon überzeugt sind, was sie da von sich geben. Näherliegend ist aber, dass über den Sinn dieses Satzes gar nicht nachgedacht wird. Und schon gar nicht über seine Wirkung. Dieses Vertrauen macht ja ein Unternehmen nicht einzigartig – im Gegenteil. Vertrauen kann man sich nur erarbeiten – aber nicht anbieten. Meistens kommt ja dann noch das Blabla mit dem «kompetenten Team», das sich «auf Herausforderungen freut». Denn schliesslich steht «der Kunde immer im

Tipps für Weihnachts- und Neujahrskarten

  1. Erinnern Sie daran, dass das Jahr zu Ende geht Die wenigsten Kunden haben realisiert, dass das Jahr zu Ende geht. Darum starten Sie den Text für die Weihnachtskarte immer mit dem Satz: «Das Jahr neigt sich dem Ende zu.» Varianten: «Wie die Zeit vergeht – bereits geht das Jahr wieder zu Ende» oder «Ein spannendes Jahr nähert sich dem Ende.» 2. Schreiben Sie überraschende Sätze Zum Beispiel: «Wir wünschen Ihnen schöne Festtage und alles Gute im neuen Jahr.» Das haben Ihre Kunden und Kundinnen so garantiert noch in keiner Weihnachtskarte gelesen. «Besinnliche Festtage» ist auch schön. Und werden Sie mit « … im Kreise Ihrer Familie» ruhig mal etwas persönlich. 3. Oder noch besser: Nehmen Sie den Text vom Vorjahr Copy and Paste – und schon kann die Druckmaschine loslegen. Der Text hat schliesslich immer gut funktioniert. Und wer erinnert sich schon an den Text vom letzten Jahr?   Texte. Auch für Weihnachts- und Neujahrskarten

Kurze. Headlines. Wirken.

Verfall der deutschen Sprache oder eine sprachliche Innovation? Die Welt ist kompliziert und die Informationsüberlastung gross. Je nach Quelle verpuffen bis zu 98 Prozent aller Botschaften und kommen in den Köpfen der Konsumenten gar nie an. Kein Wunder bei nur schon 85 Sorten Toilettenpapier. Und dem vielen Kleingedruckten. Ein Goldfisch kann sich neun Sekunden konzentrieren. Ein Mensch nur acht. Umgesetzt auf Texte und Sprache heisst das: Nur noch Stichworte kommen an. Sätze mit mehr als sechs Wörtern überfordern die Lesenden. Deshalb formulieren die Texterinnen und Texter der Kreativagenturen ihre Headlines und Claims kurz und bündig. Gleich dem Stakkato in der Musik: kurze, abgehackte Töne. Scheinbar ging diese Erkenntnis wie ein Tsunami der Erleuchtung durch die Text- und Werbeagenturen des deutschsprachigen Europas. Von einem Tag auf den anderen wurde auf Stichworte umgestellt. «Einfach. Mehr. Wert», sagt uns die Bank Linth. «Einfach. Klar. Helvetia», doppelt die Versiche