In meinen Kursen stelle ich öfters fest, wie unsinnige
Pseudoregeln, die man anscheinend irgendwann in der Ausbildung mal
mitbekommen hat, das Schreiben unnötig einschränken.
Früher galt die Regel: Der erste Satz eines Briefes muss freundlich
sein. Heute gilt: Kein Mensch hat Zeit für Höflichkeitsfloskeln. Niemand
will lesen, wie konstruktiv die Sitzung war, wie freundlich das
Telefongespräch oder wie sehr man es schätzt, die Offerte zuzustellen.
Also ohne zeitfressende Floskeln und Herumscharwenzeln zur Sache kommen –
nach dem ersten Satz muss die Leserin, der Leser wissen, worum es geht.
Und ausserdem: So wie man sich verabschiedet, bleibt man in Erinnerung.
Aber bitte nicht mit diesem lahmen «Für weitere Fragen stehe ich Ihnen
gerne zur Verfügung»!
«Ich habe früher mal gelernt, dass man Sätze in Briefen nicht mit ‹Ich›
anfangen soll. Ist das heute noch so?», werde ich oft gefragt. Das ist
natürlich Nonsens. Wenn ich es mache, wie anders soll
ich es dann schreiben? Das Gelernte kommt vielleicht von daher, dass man
in schwarzpädogogischen Zeiten den Kindern eingetrichtert hat, dass bei
Aufzählungen «der Esel immer am Schluss kommt». Sich selbst als Erstes
zu nennen, also beispielsweise «ich und meine Freunde», zeuge von
Egoismus und Unhöflichkeit. Natürlich alles Blödsinn.
Selbstverständlich darf der erste Satz in einem E-Mail oder in einem
Brief mit «Ich» beginnen. Der Esel oder die Eselin geht immer mutig
voran!
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