Wenn Sie Ihre Briefe und E-Mails
mit «Bezugnehmend auf Ihren gestrigen Anruf sende ich Ihnen beiliegend unsere
neue Broschüre» anfangen und mit «… für weitere Informationen stehe ich Ihnen
gerne zur Verfügung» beenden – dann sind Sie es nicht. Und Ihr Arbeitgeber, der
solche Sätze zulässt, ebenso wenig.
Einzigartig heisst ja
einmalig, ohnegleichen, exklusiv … Und die meisten Menschen nehmen das auch für
sich persönlich in Anspruch. Sie kleiden sich in ihrem eigenen Stil,
kombinieren die passenden Farben, wohnen individuell möbliert, wählen ein Auto
nach persönlichen Kriterien aus. Bei der Sprache sind sie weniger wählerisch.
Meistens übernimmt man Vertrautes und begnügt sich mit ausgeleierten Floskeln.
Und kaum jemand kümmert sich um einen persönlichen Schreibstil.
Gleiches gilt auch für
die meisten Unternehmen. Die Sprache ist selten Teil der Identität. Firmen
beschreiben sich in Leitsätzen, kreieren ein Logo und bedrucken damit das
Geschäftspapier und -auto. Umfragen haben ergeben, dass sich rund der Hälfte
aller Firmen im deutschsprachigen Raum gar nicht bewusst ist, dass die
Unternehmenssprache ein wichtiger Teil des Auftritts sein könnte. Und schon gar
nicht die Brief- und E-Mail-Sprache, über die tagtäglich die meisten Kontakte
mit Kunden und Kundinnen, Lieferanten und Partnern stattfinden.
Wenn Sie und Ihre Firma
einzigartig sind, kann das nur über die Sprache kommuniziert werden. Womit
sonst?
Austauschbare Sätze
machen Sie aber nicht einzigartig. Und Ihre Firma auch nicht. Wenn Sie jedes zweite
E-Mail mit «Gerne» beginnen («Gerne bestätige ich Ihnen», «Gerne übernehmen wir»,
«Gerne habe ich für Sie abgeklärt») oder mit «Beiliegend …», «Angehängt …», «Anbei
sende ich Ihnen», dann ist das zwar nicht falsch. Aber austauschbar und
langweilig. Schrecklicher wird es dann nur noch, wenn Sie sich mit «Ich hoffe,
Ihnen mit diesen Angaben gedient zu haben» verabschieden oder eben mit «Für
Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zu Verfügung.»
Wikipedia beschreibt
Floskeln und Phrasen so: «In der Umgangssprache
werden viele Floskeln verwendet, oft ohne dass man sich dessen bewusst ist.
[...] Dabei macht jede Floskel für sich noch kein schlechtes Deutsch aus.
Allein ihr unablässiger, zwanghafter und unbewusster Gebrauch weist ihre
Verwender als Menschen aus, die sich kaum, nicht hinreichend oder gar nicht
mehr der Mühe sorgfältiger und präziser Formulierung unterziehen.» Dieser Satz bringt
es auf den Punkt: Floskeln sind nie persönlich, nie empfängerorientiert. Sie sind
austauschbar und nie einzigartig. Der Kunde, die Kundin ist es nicht wert,
einen persönlichen und einzigartigen Satz zu formulieren.
Aber es geht noch weiter.
Die Brief- und E-Mail-Sprache ist ja nicht der einzige «Touchpoint» (so
bezeichnet man im Marketing die Berührungspunkte mit einer Firma) zu Kunden,
Lieferanten, Partnern oder Aktionären. Machen Sie eine Reise durch die Website
verschiedener Firmen und achten Sie einmal ganz bewusst nur auf Floskeln und
Phrasen. Beurteilen Sie die Sätze nach diesen Kriterien: Ist die Aussage dieses
Satzes nicht selbstverständlich («Wir sind zuverlässig»)? Erwarte ich das nicht
(«Wir sind gerne für Sie da»)? Grenzt dieser Satz von der Konkurrenz ab («Wir
erleichtern Ihnen den Alltag»)?
Nehmen wir spontan ein
paar Sätze aus irgendeiner Website oder einer Werbebroschüre. Was meinen Sie
dazu?
«Kompetente Beratung,
ein seriöses Offert- und Auftragswesen, eine klare Arbeitsplanung und die Qualitätssicherung
sind für unser Unternehmen selbstverständlich und eine Voraussetzung für ein
gutes Endprodukt.»
Dieser Satz ist ein Kunstwerk: 210 Zeichen
(inkl. Leerschlägen) und keine Aussage. Aneinandergereihte Selbstverständlichkeiten;
klingt zwar auf den ersten Blick ganz passabel, ist aber nichts wert.
«Ein
Schadenfall ist eine ungewohnte
Situation, die immer auch mit organisatorischem und
administrativem Aufwand verbunden ist.»
Danke, liebe
Versicherung, darauf wären wir ohne diesen Hinweis nie gekommen. Das Auto hat
zwar Totalschaden oder die Küche ist ausgebrannt – aber dass dies eine
ungewohnte Situation sein könnte, verbunden mit administrativem Aufwand, das
hätten wir ohne diesen Satz nicht herausgefunden.
«Jede unserer Lösungen beginnt mit einer individuellen und
fachmännischen Beratung. Unser oberstes Ziel ist es, Ihre Wünsche und
Vorstellungen optimal umzusetzen.»
Gut gemeint – aber ist das nicht klar? Ist
das nicht das Mindeste, was der Kunde, die Kundin erwartet? Und kann dieser
Satz nicht von fast allen Firmen verwendet werden?
Unternehmenssprache (Corporate
Language) umfasst alles, was von einem Unternehmen mündlich und schriftlich
kommuniziert wird. Wie die Kunden am Telefon begrüsst, wie Briefe- und E-Mails
formuliert werden, der Geschäftsbericht verfasst, die Marketingkommunikation
und die Öffentlichkeitsarbeit. Und damit die gesamte interne und externe
Kommunikation. Sie trägt dazu bei, die Unternehmenspersönlichkeit zu stärken
und auch, sich von der Konkurrenz abzugrenzen.
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