Nur
wenig Unternehmen kümmern sich um die Sprache. Dabei wäre sie ein wichtiger
Teil der integrierten Kommunikation.
Der
erste Arbeitstag. Vorstellungsrunde, eine Führung durch den Betrieb, der neue
Arbeitsplatz, PC-Passwort und schon geht’s los. Wie man einen Brief schreibt
oder ein E-Mail muss man schliesslich niemandem zeigen. Wirklich? In
den meisten Unternehmen ist die Sprache ein Zufallsprodukt. Und so schreibt
auch die neue Direktionsassistentin einfach mal drauflos. Dabei hätte sie sich bereits
in der Anrede fragen müssen, ob die Kunden und Kundinnen des neuen Arbeitgebers
mit «sehr geehrte», «Grüezi», «Guten Tag» oder «Hallo» angeschrieben werden. So
schreibt sie halt «Grüezi», weil sie es als persönlich und nett empfindet und
nicht ahnt, dass viele auf eben dieses «Grüezi» allergisch reagieren könnten.
Das
sprachliche Gesicht
Die
Unternehmenssprache umfasst alles, was ein Unternehmen intern und extern
kommuniziert. Da gehört natürlich nicht nur die Brief- und E-Mail-Sprache dazu,
sondern wie sich die Firma am Telefon meldet, die Headlines und Botschaften in
der Werbung, die Website, Broschüren, Geschäftsberichte und
Powerpoint-Präsentationen. Ziel müsste sein, dem Unternehmen ein „sprachliches
Gesicht“ zu verleihen, das unverwechselbar ist und deshalb auch auf den ersten
Blick bzw. nach dem ersten Satz erkennbar. Und dieses Gesicht muss abgestimmt
sein auf die Art des Unternehmens, die Positionierung und auch auf die Branche.
Ganz klar, dass eine Bank oder eine Krankenversicherung anders kommuniziert, als
eine Werbeagentur oder ein Blumengeschäft.
Der
Sprachstil und die Sprachkultur ist also ein wichtiger Teil der Unternehmensidentität.
Firmen werden wie Persönlichkeiten wahrgenommen. Man findet sie sympathisch
oder eben nicht, nett, freundlich, zuvorkommend oder versnobt. Und obwohl die
Sprache darauf einen grösseren Einfluss hat, konzentrieren sich die Firmen meist
nur auf das visuelle Erscheinungsbild; Logo und Gestaltung vor Sprache. Dabei
müssten beide auf einander abgestimmt für die Markenbildung eingesetzt werden.
Positive
oder negative «Touchpoints»
Im
Marketing spricht man von sogenannten Touchpoints und meint damit, wie Kunden
und Kundinnen, auch potenzielle, mit einer Firma in Berührung kommen. Das kann
eine Anzeige einer Zeitschrift sein, ein beschrifteter Lastwagen, die Website,
eine Empfehlung, das Schaufenster oder die Korrespondenz, digital oder auf Papier.
Diese „Berührungspunkte“ können positiv oder negativ sein. Wenn ein
Aussendienstmitarbeiter mit seinem Geschäftsauto durch die Stadt rast, färbt
das negativ auf die Firma ab, ein schnoddriges und überhebliches E-Mail auch.
200
Milliarden E-Mails werden weltweit pro Tag verschickt, vermutlich der grössere
Teil geschäftlicher Art, weil ja privat über Facebook & Co. kommuniziert
wird. In der Schweiz sollen es, je nach Quelle, rund eine Million sein. Eine
gewaltige Flut von „Touchpoints“ also mit Kunden und Kundinnen, Lieferanten und
Geschäftspartnern. Und damit eben auch jedes Mal die Chance, den Empfänger, die
Empfängerin zu beindrucken, an das Unternehmen zu binden oder sie eben zu
verärgern oder respektlos zu behandeln. Einerseits – andererseits aber auch,
die Marke, das Unternehmen zu stärken oder zu schwächen.
Viele
Unternehmen meinen, mit einem Sprachleitfaden, der die wichtigsten Regeln der
Geschäftskorrespondenz regelt, sei das Thema Unternehmenssprache vom Tisch.
Immerhin, könnte man sagen, in den meisten Unternehmen fehlt auch ein solcher.
Aber es ist sicher ein erster Schritt. Man darf nur nicht den Fehler machen,
E-Mails und Geschäftsbriefe isoliert zu betrachten. Sie sind der wichtigste
Bestandteil der Sprachkultur und können vor allem am meisten Unheil anrichten.
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